Tonsysteme

Tonsysteme



Hübsches Wort und schon recht lang im Gebrauch; schon der alte Pythagoras sprach davon.

Sagen wir mal, das sei die Ordnung des Tonraumes.

 

Wenn ich ein Rohr oder einen hohlen Knochen nehme, ein bisschen dran herumschnitze und mit etwas Geschick hineinblase, gibts einen Ton... bohr ich ein paar Löcher hinein hab ich mehrere Töne und damit bereits eine Ordnung des Tonraumes - eine zufällige oder willkürliche Ordnung.


Wenn ich, weil Besuch kommt, meine Werkstatt aufräume, indem ich alles einfach in den nächstbesten Schrank stopfe, sieht es ordentlich aus... aber wenn ich danach ein 3,5mm Loch bohren will, such ich stundenlang den richtigen Bohrer.

Aus purer Faulheit hab ich gleich an der Bohrmaschine 2 große Sortierkästen an der Wand; dort sind Bohrer und andere Werkzeuge, die ich an der großen Standbohrmaschine brauche einsortiert... aber ein Stück weiter gibts eine Schublade mit Akkuschraubern und eine weitere mit Bits und Bohrern in Kistchen zum mitnehmen... und ganz am anderen Ende der Werkstatt in der Elektronik-ecke gibts sowas ähnliches nochmal in klein...  Irgendwie überschneiden sich die Bereiche.

Es gibt unzählige andere Dinge in meiner Werkstatt und etliche Arbeitsplätze die mehr oder weniger für verschiedene Zwecke gedacht sind, aber oft anders genutzt werden; ich hab hier ein bisschen System und da ein bisschen, aber es ist mir bis heute nicht gelungen, das wirklich in "ein System", in eine einheitliche und logisch nachvollziehbare Ordnung zu bringen.


Wie sieht es in der Werkstatt der Töne aus?

Da hätten wir zum einen das melodische Hören - die Tonfolge 100-200-300-400-500-600...Hz hat zwar offensichtlich "gleiche" Abstände, wird aber keineswegs so empfunden; gleichmäßig klingen 100-200-400-800..Hz; das nennt man exponentiell.

Eine Funktion, die daraus eine lineare Darstellung macht heißt logarithmisch. Das melodische Hören oder allgemeiner unsere Wahrnehmung von Tonhöhen/Frequenzen ist logarithmisch. Ich schmeiße jetzt exponentielle Frequenzverhältnisse und logarithmische Wahrnehmung in einen Topf und spreche allgemein von Logarithmen...


Das harmonische Hören dahingegen beruht auf der Obertonreihe. Wie im Kapitel übers Hören bereits gesagt, hören wir Intervalle nur sehr ungenau, haben aber ein extrem feines Unterscheidungsvermögen bei fast gleichen Tonhöhen.

Im wesentlichen sind Harmonien der Einklang verschiedener Partial- oder Teil-töne, die früher Obertöne hießen.

Diese Töne mit den vielen Vornamen sind ganzzahlige Vielfache des Grundtones - ganz oder fast genau.

Harmonisch sind von daher Frequenzverhältnisse verschiedener Teiltöne - und das sind (einfache) Brüche.

 

Dummerweise vertragen sich Logarithmen und Brüche gar nicht miteinander; Logarithmen sind mit Wurzeln verwandt und die bezeichnet man als irrational während Brüche auch rationale Zahlen heißen. Irrationale Zahlen heißen genau deswegen so, weil sie in der Menge der rationalen Zahlen nicht enthalten sind. Von daher kann ein System, das beide unter einen Hut bringen soll nicht perfekt aufgehen; es gibt nur Näherungslösungen.

 

Für das melodische Hören spielen rationale Frequenzverhältnisse keine Rolle; der "richtige" Tonabstand ist Gewohnheit. Die Angabe als Bruch wie 16/15 für den Halbton ist historisch bedingt; Eine Angabe in Cent ist hier sinnvoller.



Ich habe lange überlegt, wie man diese zwei Sachen am besten darstellen kann.

Da in der westlichen Musik die Oktav immer eine Art Grundeinteilung ist, hab ich eine  Uhr genommen - 1x im Kreis herum entspricht einer Oktav.

Auf 12Uhr ist immer D - egal ob auf Klavier oder Tapchord - egal ob 12, 19 oder 31.


Die gleichmäßige Kreisteilung ist logarithmisch-gleichstufig und darin befindet sind ein Pentagramm im Fünfeck. Diese Form ist die Abbildung der Frequenzverhältnisse der Obertonreihe auf diesen Kreis; die Proportionen liegen fest, aber die Form ist drehbar.

 

Schon im Kapitel Hören geh ich darauf ein, dass ich auf 11, 13 und weitere verzichte - die sind in meinen Ohren musikalisch kaum brauchbar; sind nur unter speziellen Bedingungen überhaupt noch als Naturintervall zu identifizieren.


1;2;4;8 bezieht sich nicht auf den dicken Punkt sondern auf die Ecke im Pentagramm

die 1 ist der Grundton; in diesem Falle ein C; die 2 ist wieder ein C, nur eine Oktave höher.

Alle C´s, unabhängig von der Oktave, liegen auf dem selben Punkt.

Analog entsprechen 3 und 6 beide dem Ton G.


Dies Pentagramm ist frei drehbar und unabhängig von der gleichmäßigen Einteilung der Uhr; im zweiten Bild ist sie wie auf dem Klavier in 12 stufen eingeteilt und diesmal liegt der Grundton auf D.


Sehr schön sieht man wie einfach der Zusammenhang zwischen Intervall, Bruch und Teiltönen ist:

Das Intervall zwischen dem 5.ten und 4.ten Teilton ist eine große Terz und wird korrekt als das Frequenzverhältnis 5/4 angegeben. Hat der untere Ton 400Hz, hat der obere 500Hz


Auf dem Klavier, eingeteilt wie eine Uhr, ist der untere Ton der großen Terz genau das D, während das Fis doch ein gutes  Stück von der große-terz-ecke des Pentagramms entfernt liegt; die große Terz auf dem Klavier ist nicht rein, sondern zu groß. Die Quinte von D nach A stimmt dagegen fast genau; die kleine Terz von F# nach A ist wieder stark verstimmt. Die 7 ist sowohl in der 19er als auch in der 12er-teilung deutlich daneben


Die Komplementärintervalle hab ich nicht extra angegeben; dafür müssen Sie den Bruch lediglich herumdrehen und auf der Uhr statt des kurzen Weges den langen andersherum gehen. Die Quinten sind also gleichzeitig Quarten und konsequent hätte ich sie als solche bezeichnen müssen, da ich in allen übrigen Fällen die kleinere Version der komplementären Intervalle genommen habe...

Die Natursept 7/4 ist das komplementäre Intervall zur kleinen Subterz 8/7.


Das 19er System ist harmonischer - die Abweichungen sind gleichmäßiger verteilt, aber als System mit festen Tonhöhen, wie ich das ursprünglich im Sinn hatte, hätte sich der Aufwand nicht gelohnt. Damit wäre die Sache erledigt, wenn sich nicht herausgestellt hätte, dass die 19 Tonstufen eine ideale Grundlage für reines intonieren durch Bending der Töne sind.


Insofern nenne ich das ganze ein Intonations-system - man könnte es auch systematische Intonation nennen..

Die Korrektur-intervalle sind fast genau vielfache von 7ct. Eine solche "Einheits-größe" kann man Quantum nennen.

Die Intonation ist ais also nicht nur systematisch, sondern auch quantisiert. Manchmal sag ich Quantenintonation dazu.

Diese Quantelung macht die Sache für den Musiker SEHR viel einfacher

In der harmonischen Praxis komme ich aber mit Korrekturen von 7, 14 oder 21ct eigentlich immer aus.

Ich schreibe die, ähnlich einem Fingersatz in kleinen Ziffern 1,2,3 hinter die Noten. Die harmonischen Korrekturen ergeben sich ansich aus dem Kontext; aber zum lernen oder als Spielhilfe können solche Angaben sinnvoll sein.


Der Gesamtcharakter ähnelt der mitteltönigen Stimmung, die vom MIttelalter bis ins 18te Jhd. insbesondere Volks- und Kirchenlieder prägte; die Melodik mit ihrem 3/2 statt 2/1 Verhältnissen klingt deutlich entspannter. Alte Musik klingt authentischer; Dorisch und Phrygisch gewinnen an Attraktivität - das Jonische (Dur) verliert etwas; dazu kommt eine Vielzahl arabesker Skalen, die auf Dritteltönen und übermäßigen Sekunden beruhen; die melodische Einbindung der natursept ist einfacher... man kann neben dem Modulieren von Tonart zu Tonart auch von Skala zu Skala modulieren...

Dazu kommt das 19 als Primzahl quasi das Gegenteil der vielfach teilbaren 12 darstellt; hierdurch ergeben sich ganz andere Strukturen.


Es gibt eine System mit 12x6Tönen, das analog 19x9 die reinen Intervalle recht gut trifft; die Abweichungen sind rechnerisch zwar um den Faktor 10 größer, aber es sind keine Dissonanzen wie die Klavier-terzen sondern leichte Belebungen.

Das ist eine schöne Perfektionierung des Etablierten - aber doch im wesentlichen ein "mehr-desselben" ähnlich dem viertelton-system Anfang des 20ten Jhds - und in beiden Fällen handelt es sich um nicht- oder kaum praktikable Systeme.