Wie es begann

Wie ich zu den 19 Tönen kam

 

Es gab bei uns in der Familie eine ganze Reihe von Sprüchen:

"Das kann so schwer nicht sein"

"Die kochen alle nur mit Wasser"

"Da muss man sich einfach drangeben"

und was man selber machen kann, das braucht man nicht zu bezahlen...

 

Aus diesem Geist heraus gab ich mich im jugendlichen Alter von 14 Jahren an das Stimmen meines alten Schiedmayer-klavieres. Vorkenntnisse?  wer braucht denn sowas? Zu Beginn nicht mal geeignetes Werkzeug.

Aber auch mit dem richtigem Werkzeug ging die Sache nicht so recht von der Hand:

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Ich konnte eine Anzahl von Tönen in ein befriedigendes harmonisches Verhältnis bringen... Ein paar Quinten, Quarten, Terzen... aber dann passten die weiteren nicht zusammen ??? das muss doch passen... oder?

Ne, offensichtlich nicht - ich brauchte 3 Tage um zu akzeptieren, dass dieser blauäugige Versuch für mehr Harmonie zu sorgen gescheitert war.

Zum Glück hatte ich noch eine elektronische Orgel und stimmte das Klavier nach deren Tönen...

Aber während die leichte Abweichung der Quint eine angenehme Belebung des Klanges ist, die man zurecht mit dem wohlklingenden Begriff "Schwebung" bezeichnet, klingen große wie kleine Terz bei dieser Art des Hinhörens wie "Rrrrrrrrrrrrr". Ist Ihnen noch nie aufgefallen? Mir vorher auch nicht - wie der berühmte Fleck an der Wand...

Tja... damit war der Wohlklang der Klavierterz als Illusion entlarvt, ins Wasser gefallen und jämmerlich ertrunken...

Und seit dieser Zeit kroch ein kleiner Wurm durch mein Hirn und flüsterte leise ins innere Ohr:

"da muss es doch eine bessere Lösung geben..."

 

Ein paar Jahre später kamen im Musikunterricht Obertonreihe und Naturintervalle zur Sprache.

Unsere Musiklehrerin hatte für Mathe und Physik wenig übrig, aber bei mir fiel es auf fruchtbaren Boden.

Mein neues Verständnis von Harmonie reichte, um der Sache mathematisch zu Leibe zu rücken.


Ich kam damals auf 19, 31 und 41 als offensichtlich  bessere Alternativen zum 12stufigen System.

Dabei fiel mir auf, dass 2-5-7-12-19-31 eine goldene Reihe bilden und die Naturintervalle immer besser abbilden. Der nächste goldene Wert (50) war aber eine Enttäuschung... da ich 50 stufen pro Oktave  sowieso schon recht unübersichlich fand, hab ich da aufgehört; sonst hätte ich zumindestens noch die 53 gefunden, die eine sehr gute Näherung darstellt...oder die 72... letztere wurde mehrfach in Form enharmonischer Instrumente realisiert.

 

Es blieb lange Theorie, denn in jugendlicher Naivität glaubte ich: "Wenn das so gut klänge, wie die Zahlen nahelegen, gäbs das längst"... kein Lehrer oder Musiker den ich kannte hatte je von so einem Tonsystem gehört.

In keinem Lexikon fand ich etwas darüber; was alle kannten waren Vierteltöne - eine unter harmonischen Gesichtspunkten eher sinnfreie Verdopplung der üblichen 12 Töne...


Ich fand den Widerspruch zwischen "meinen Zahlen" und der lexikalischen Realität schon irritierend... aber zu der Zeit glaubte ich noch an die Unfehlbarkeit des Brockhaus und die unbefleckte Forschung in der heiligen Akademie.


Unter dem Stichwort "mikrotonal" hätte ich etwas gefunden, aber diesen Begriff lernte ich erst kennen, nachdem meine private Forschung schon zum praktischen Teil übergegangen war - so hab ich die Sache natürlich ganz anders verinnerlicht, als hätte ich vorher darüber gelesen


DANN, vor ca. 20 Jahren, löste eine polemische Behauptung in einem Buch "gegen" Atlantis den Bau eines ersten Instrumentes aus. In irgendeiner Quelle soll gestanden haben, die alten Atlanter hätten ein Tonsystem mit 19 Tönen in der Oktave verwendet - der Autor war so überzeugt, dass ein 19stufiges Tonsystem Blödsinn sei, dass er dieses als Indiz für den fiktiven Charakter der Quelle anführte; das sah ich natürlich anders.


(Das Buch war älter und aus einer Leihbibliothek; als ich es noch einmal leihen wollte, hatten sie es aussortiert.

Falls jemand eine Quelle kennt, nach der die atlantische Musik auf einem 19stufigen System beruht haben soll, wäre ich für eine diesbezügliche Mitteilung sehr dankbar; ich selber hab mehrfach danach gesucht, aber nichts gefunden. Immerhin war dies der Auslöser für die praktische Realisierung dieses Projektes; info@19ton.de)


Zu der Zeit hatte ich in der Dorfschreinerei einen Raum gemietet um gelegentlich Klaviere zu restaurieren. In dieser Schreinerei entstand dann eine Art E-gitarre mit Nylonsaiten und Piezotonabnehmern aus Sperrholzresten und einem Eichebrett als Griffbrett. Die 6 Saiten stimmte ich DFACEG; eine Stimmung die ich insbesondere für 6saitige Bassgitarren sehr viel praktischer finde, als die übliche.



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Es klang viel besser, als ich erwartet hatte; dass Dur und Mollakkorde harmonischer klingen war klar, aber das Dur und Moll jetzt nur noch 2 von etlichen Kirchtonarten waren, hatte ich nicht erwartet - völlig überrascht war ich von den Skalen, die ich heute als "arabesk" bezeichne, da sie an orientalische Skalen erinnern. Diese sind auf Gitarren in Terzenstimmung sehr einfach spielbar und lassen sich in weiten Grenzen variieren.


Nach diesem erstaunlichen Erfolg hab ich erstmal ausgiebig mit einem programmierbaren Keyboard und verschiedenen Skalen und rationalen Intervallen experimentiert. Das war eine regelrechte private Forschung.

Die wichtigsten Ergebnisse waren:


Primzahlen entscheiden über den Intervallcharakter; neben den etablierten 3er und 5er-Intervallen will ich die 7er zur Verfügung haben; 11er und weitere sind kaum noch als harmonisch wahrnehmbar.

"Feste Tonhöhen sind doof" Intonation und Intonantionsverlauf sind wesentliche Gestaltungselemente.

19 Stufen in der Oktave sind für ein Intonationssystem ideal - siehe theoretische Grundlagen

Ich nehme Intervalle bei Stahlsaiten viel differenzierter wahr als bei elektronischen Klängen...

Ich will die Übersicht, die man bei Tasteninstrumenten hat nicht aufgeben.


Clavichord kam den Forderungen am nächsten; an diesem Instrument hatte ich einiges auszusetzen.

So entstand letztlich daraus ein eigenständiges Instrument, dass ich Pulsachord oder Tapchord nenne.

Mein erstes 19ton Instrument; für Vortex Dreamworks zu einer Bassgitarre umgebaut; jetzt nur noch Deko im Werkstatteingang.


Das sind die Prototypen Nr.1 und Nr.2, die jetzt ebenfalls nur noch als Deko den Werkstatteingang zieren.

Nr.1 zeigte, dass das Prinzip funktioniert und war das Hauptinstrument bei der Band Vortex Dreamworks.

Nr.2 ist in vieler Hinsicht eine Weiterentwicklung und ähnelt den aktuellen Instrumenten schon stark.

Es hat aber auch wesentliche Schwächen; erst mit dem dritten Prototypen entstand ein Instrument, dass meinen Vorstellungen so weitgehend entsprach, dass ich daraufhin eine erste Testserie in Angriff nehmen konnte.

(Es gab eine Reihe von weiteren Modellen, die vor Fertigstellung von der Entwicklung überholt wurden...)